Dies ist eine kostenlose Homepage erstellt mit hPage.com.

 

Einblick

Den Besuchern, die sich unter einem Leben im Zirkus nichts vorstellen können, will ich im Groben einen kleinen Einblick verschaffen.
Zirkusleute sind eine kleine Gemeinschaft, die in fast jeder Situation aufeinander angewiesen sind. Es soll nicht heißen, dass alle dicke Freunde waren. Da krachte es auch schon mal im Gebälk. Trotzdem musste sich einer auf den anderen verlassen können. Die Sicherheit ist sehr wichtig.
Kein Tag war wie der andere. Damals habe ich wenig davon verstanden, doch im Winter ist nicht nur einfach Pause oder Urlaub. Die nächste Saison muss geplant werden. Wo gastiert der Zirkus, die Plakate werden entworfen, wo bekommen die Tiere ihr Futter her und bei wem bekommt man die Sägespäne für die Manege? Die Logistik ist das A und O.
Die Artisten, Musiker, Stalljungen oder Köche wechseln selten. Dadurch war es eine große Familie.
Wurde in größeren Städten gastiert, hat der Direktor eine sogenannte Zugnummer engagiert. Diese Artisten waren dann nur für ein paar Tage im Zirkus. Ansonsten hatten die Stammartisten im Winter genug Zeit ihre Darbietung um- oder auszubauen. Das Winterquartier befindet sich heute noch in Staßfurt.
Es gab also nicht für jede Arbeit spezielle Leute. Jeder musste alles machen. Wenn das Zelt aufgebaut wurde, waren alle beteiligt. Immerhin sollte das Zelt zur Abendvorstellung stehen. Im Durchschnitt blieben wir 3 Tage an einem Ort. Das war immer abhängig von der Größe eines Ortes.
Am letzten Tag wurde noch während der Abendvorstellung mit dem Abbau angefangen. Da wurden die Zaunelemente verstaut oder die Tierzelte abgebaut. War dann der letzte Besucher weg, ging es an die restlichen Arbeiten. Feierabend war erst, wenn alle Arbeiten erledigt waren. Manchmal, wenn der Weg zum nächsten Platz sehr weit war, fuhren die ersten Wagen, drei oder auch mal vier hingen an einer Zugmaschine, schon in der Nacht los. Mit den Zugmaschinen ging es dann wieder zurück, weil der Rest noch geholt werden mußte. Nachtfahrten fand ich immer toll. Schnell konnte ja nicht gefahren werden und so war es ein angenehmes Schunkeln. Mein Vater war auch einer von den Männern auf der Zugmaschine. Ich denke, dass waren immer harte Tage für die Zirkusleute.
Manchmal war für mich an diesen Tagen schulfrei, oder sie haben die Schulkinder vor der letzten Fahrt eingesammelt. Wir wussten nie, was auf uns zukam. Am neuen Ort angekommen, sammelten sich alle Schüler und gingen gemeinsam auf die Suche nach der neuen Schule. Dann beim Direktor melden, und anschließend wurden wir in die entsprechenden Klassen verteilt. Anfangs fühlte ich mich gar nicht so wohl dabei, bis ich dann mitbekam, dass wir Zirkuskinder die Größten waren. Zum Abschluss wurde dann immer in unserem Tagebuch die Anwesenheit bestätigt. Wir mussten es vorlegen, wenn wir wieder in unsere Schule im Heimatort gingen.
Mit mehr oder weniger aufregenden Abwechslungen verliefen so in etwa die Tage. Es gab keine Sonn- und Feiertage und keine geregelte Arbeitszeit. Uns Kinder hat das aber in keiner Weise gestört.

 

 

Nach oben

Dies ist eine kostenlose Homepage erstellt mit hPage.com.